Teil 5 - Von Stirling bis Inver

Am nächsten Tag wurden unsere Helden wieder unbarmherzig früh geweckt. Ohne großes Murren (das folgte erst später) standen sie auf und begaben sich zur Morgentoilette, wo sie von Schlagermusik im Wasch- und Toilettenhaus angetrieben sich schnell der Morgentoilette unterzogen. Während dem anschließenden langen Frühstück traf auch die B&B-Fraktion dazu. Diese hatte in einem Gespräch mit der Vermieterin gelernt, daß man in der Regel in den alten Teilen der jeweiligen Orte immer B&B findet. Nachdem die Zelte abgebaut und gut verstaut waren, begab man sich gemeinsam in Richtung des Wallace-Monuments. Bereits an der Ausfahrt des Campingplatzes wurden unsere Helden auf gefährliche Weise wieder an die Unart der Inselbewohner erinnert. Diese fahren ihre Kutschen bekanntlich auf der linken Straßenseite, was für einen "Kontinental" besonders an Einmündungen und Abbiegungen zuerst sehr gewöhnungsbedürftig ist. Unser Tageskutscher, der ehrenwerte Claus schaute wie gewohnt an der Ausfahrt nach links, von wo er kein Fahrzeug herannahen sah. Obwohl er daran dachte, nach dem Rechtsabbiegen auf die linke Spur zu fahren, bedachte er nicht, daß der Gegenverkehr direkt an der Campingplatzausfahrt vorbeifuhr. Dieses wurde den "Golfern" allerdings schlagartig wieder in Erinnerung gerufen, als beim Anfahren plötzlich ein Fahrzeug von rechts nach links vorbei rauschte. Durch diesen Schock nun endlich vollständig geweckt ging es dann zum nahegelegenen Wallace-Monument. Leider wurde die Aussichtsplattform gerade renoviert, so daß wir nur die recht interessanten Ausstellungsräume im Turm besichtigen konnten. Besonders interessant war dabei eine Vorführung, bei der eine als schottischer Ritter (mit Kettenhemd und Schwert) ausgestattete Lebensechte Puppe, die zwar ein ausgeformtes, aber nur mit Hautfarbe bemaltes Gesicht hatte, von einem Projektor das Gesicht eines Schauspielers aufprojeziert bekommen hatte. Der geneigte Zuschauer hatte, obwohl er nur einen Meter daneben saß, fast den Eindruck, als wäre die Puppe lebendig. Sie sollte Wallace (der aus Braveheart) darstellen und erzählte den Zuschauern in eindrucksvoller Weise von seinem Leben und davon, wie er damals bei Stirling die Engländer geschlagen hatte. Neben dem Zelt, in dem diese Vorführung stattfand, wurde übrigens das Original Wallace-Schwert ausgestellt. Ein für die damaligen Verhältnisse sehr großes, zweihändiges Schwert. Im Andenkenladen des Wallace-Monuments kaufte sich der scheinbar am Aqua Vitae besonders interessierte Dirk einen Führer für die verschiedenen Whiskysorten. Dieser wurde sogleich von den übrigen Mitexpediteuren (ganz besonders sei hier Anno erwähnt) in Beschlag genommen. Anschließend begab sich unsere Truppe zum gegenüberliegenden Stirling-Castle. Dort wurden Claus und Barbara von den hohen Eintrittszöllen der Burgbewacher abgeschreckt, so daß sich nur die verbliebenen vier Wackeren auf Erkundungstour ins Stirling-Castle begaben. Zuerst ließen sie sich von einem der Schloßbewohner (mit niedlichem Karoröckchen) die Anlage zeigen. Von vielen als das großartigste aller schottischen Schlösser bezeichnet. Die Architektur des Schlosses ist hervorragend - der große Saal (der zur Zeit leider wegen Renovierungsarbeiten nicht besichtigt werden kann) und das Torhaus von James dem IV., der wunderbare Renaissance-Palast von James dem V. und die "Chapal Royal" (königliche Kapelle) von James dem VI. Das Schloß stand in engem Zusammenhang mit Maria Stuart, Königin von Schottland. Sie wurde im Jahre 1543 in der Kapelle gekrönt und entging im Jahre 1561 knapp dem Feuertod. Ihr Sohn, der zukünftige James VI., wurde hier im Jahre 1566 getauft. Das Schloß hat eine großräumige Verteidigungsanlage die einen guten Blick auf Stirling und Umgebung bietet. Sehenswert ist auch die Ausstellung der mittelalterlichen Küchen die aus Verteidigungsgründen nachträglich unterirdisch gelegt wurden, damit die Kanonen auf strategisch wichtige Punkte der Umgebung ausgerichtet werden konnten. Nach der Führung erkundeten sie die Einzelheiten auf eigene Faust. Als Highlight sei hier die Vorführung der alten Highlandertracht erwähnt. In einem Raum, in den unsere Vier mehr oder weniger durch Zufall eintraten, wartete ein in ebendieser schottischen Tracht gekleideter Ureinwohner auf wissensdurstige Besucher, denen er seine Kleidung vorführen konnte. Nachdem sich ausreichend Neugierige eingefunden hatte, erzählte er über seine Tracht. Zuerst führte er sein zweihändiges Schwert und dessen Bedienung vor. Es wird quasi in einer 8-förmigen Bewegung geführt und soll mit jeder Schleife einem vor ihm stehenden Gegner das Schlüsselbein zertrümmern. Als nächstes führte er das an einem breiten Gürtel (welchen er über die Schulter trug) hängende, kürzere Schwert vor. Es dient dem Nahkampf und wurde in der anderen Hand von einem Holzschild und zusätzlich (ebenfalls in der Schildhand) einem Dolch begleitet. Ein so ausgestatteter Highlander stellte schon eine große Bedrohung für die barbarischen Engländer dar. Nach seiner Bewaffnung führte er uns vor, wie ein Highlander seinen Kilt anlegt. Ein Kilt ist eigentlich nur ein etwa 1,50 m breiter und ca 5 m langer, überdimensionaler Schal. Er wird der Länge nach in Falten gelegt, so daß er nur noch ca. 1 m breit ist. Dann legt man einen Strick unter die Mitte und legt sich auf den Kilt. Man bindet sich nun den Strick um den Bauch und knotet die beiden oberen Ecken des "Schals" (linke Ecke direkt über die linke Schulter; rechte Ecke unter dem rechten Arm entlang nach vorne zur linken Schulter führen) einfach zusammen. Dann steckt man noch die vordere Seite des unteren Teil des "Schals" unter den Gürtel (um Beinfreiheit zum Laufen zu haben) und schon ist der Kilt fertig. Durch dieses Wissen bereichert begaben sich die vier wackeren Forscher nun nach dreistündiger Forschungsexpedition wieder zu den, die Kutschen bewachenden, Zurückgebliebenen. Im Anschluß wurde ein örtlicher "Burger King" erprobt und Proviant für den Abend eingekauft. Dann ging es weiter zum Tagesetappenziel nach Inver (einem kleinen Dörfchen südlich von Pitlochry). Dort bauten die Naturfreunde ihr Lager auf und bereiteten ihr Abendmahl zu, während die wackeren Antropologen im nachbarlichen Birnam ein Quartier zum Preis von 16 Pfund pro Person aufsuchten. An dem Abend fiel die allabendliche Tagesnachbesprechung im örtlichen Pub wegen Kommunikationsschwierigkeiten aus und so begaben sich unsere Naturfreunde recht früh zu Bette, da sich ein PubBesuch auf Grund der frühen Schließenszeiten nicht mehr lohnte. ...die anderen beiden fanden an dem örtlichen Pub gefallen, der allerdings schon um 22:00 Uhr schloß, genossen Lager und Billard wobei Jürgen seine Künste vorführte. Dank vorhandenem Briefkasten wurden auch die bereits geschriebenen Postkarten eingeworfen. Das ganze wurde von einem etwas mulmigen Gefühl begleitet, da niemand der Eingeborenen in der Lage war uns die korrekte Frankierung einer Postkarte mitzuteilen. Das ganze gipfelte dann darin, daß Jürgen am nächsten Tag im "Post Office" den Meister der Briefmarken befragte. Dieser konnte aber keine Postkarten in seinem Tarifbuch finden, meinte aber das die mit 26 Cent frankierte Postkarte schon o.k. sei. Er gab Jürgen allerdings noch 30 Cent-Marken und kostenlos Air Mail Aufkleber mit. Wir haben bis zum Schluß der Reise keine verläßliche Auskunft erhalten was denn nun auf die Postkarten muß. Offensichtlich wußten das auch weder die "Royal Mail" noch die Deutsche Post, so daß alle Karten ohne Nachporto zugestellt wurden. Werden sie ihre Kommunikationsprobleme lösen, oder werden sie sich aus den Augen verlieren? Werden sie ihre Whiskyforschungen jemals betreiben können?



03.08.1998 Herbert Framke
24.05.2003 URL's aktualisiert HF
15.08.2023 HF
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